Wettbewerb "Mut zur Lücke": Abschluss in Schönebeck

der Bund und das Land auch in den kommenden zwei Jahren noch einmal eine dreistellige Fördersumme für den Städtebau an die Kommunen ausreichen werden. Er brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass damit auch Gelder für das Schließen baulicher Lücken in den Innenstädten verwendet werden. Die Referatsleiterin im Bundesbauministerium, Marta Doehler-Bezadi, betonte den notwendigen Vorrang der Entwicklung der Innenstädte vor der "grünen Wiese" und wollte dabei die Gretchenfrage bedacht wissen: Was ist der "Geist des Ortes"? Insofern wünscht sie sich für die Baukultur hierzulande die "Sensation im Detail", die "architektonische Qualität auf den zweiten Blick". Kammerpräsident Prof. Ralf Niebergall sprch von einem hohen Wettbewerbsniveau, räumte jedoch die Schwierigkeit der baulichen Umsetzung der einzelnen Entwürfe ein. In Schönebeck (Elbe) hatten sich die Wettbewerbsteilnehmer mit einer Baulücke in der Steinstraße befasst. Die Jury vergab zwei zweite Preise für anspruchsvolle Entwürfe von Architektenbüros aus Hamburg und Biederitz. Minister Webel überzeugte sich am Mittwoch in Bad Salzelmen noch einmal von der Qualität des Wettbewerbs und kam mit Schönebecks Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase vor den Schautafeln seiner Stadt zu einem angeregten gespräch zusammen (unser Foto).

Nachfolgend veröffentlichen wir Auszüge der Rede von Oberbürgermeister Haase:
Es freut mich, dass die Architektenkammer diesen Wettbewerb hier in dieser Stadt zum Abschluss kommen lässt, steht doch die Stadt Schönebeck nach der strukturpolitischen Entwicklung der letzten Jahre nicht immer im Fokus der überregionalen Betrachtung. Aber Schönebeck steht als eine der sechs Teilnehmerstädte nur beispielhaft für den städtebaulichen Anspruch der Initiative "Mut zur Lücke".  Die vom Wettbewerb geforderte Entwicklung von Brachen als Teil der angestrebten Steigerung der Attraktivität der Innenstädte schreiben sich alle sechs Städte dabei nicht erst seit heute auf ihre Fahnen. Die Städte Stendal, Halberstadt, Wittenberg, Blankenburg, Eisleben und Schönebeck erhofften sich durch den Wettbewerb jedoch eine Forcierung dieses Prozesses der Stadtentwicklung, zumindest aber die Setzung von Akzenten und Impulsen. Angesichts der Wettbewerbsergebnisse darf man konstatieren, dass sich diese Hoffnung erfüllt hat, meine Damen und Herren. Nicht nur die Siegerentwürfe können sich sehen lassen. Genau genommen, verehrte Anwesende, ging es ja nicht um den "Mut zur Lücke", wie guten Mutes plakatiert, sondern es ging um das Gegenteil - nämlich um das Füllen einer Lücke. Die architektonische Schließung, temporäre Inbesitznahme, die Überplanung und Neubebauung war wohlweislich als Ziel des Wettbewerbs benannt. Ich bin froh, dass der neue Zusatz "Mut zu Neuem" dem nun ein wenig Rechnung getragen hat. Das sympathische kleine Mädchen mit der Zahnlücke freut sich sicher genau so auf eine möglichst schmerzfreie Schließung derselben wie die Bürgerinnen und Bürger einer Stadtstraße, deren Baulücke sich durch einen interessanten Entwurf und mit möglichst wenigen Begleiterscheinungen - sprich "Schmerzen" - im Rahmen einer progressiven Stadtentwicklung schließt. Ich denke, dass ich im Namen aller sechs Städte spreche, wenn ich allen Beteiligten an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön dafür ausspreche. Dieses Dankeschön gilt der Architektenkammer Sachsen-Anhalts als Initiator, dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr als großzügigen Förderer des Wettbewerbs und nicht zuletzt den teilnehmenden Architekturbüros und möglichen Investoren. In diesen Tagen gibt unser Sanierungsträger, die BauBeCon GmbH, seinen Abschlussbericht über das fertiggestellte Sanierungsgebiet Bad Salzelmen heraus. Knapp über zwei Jahrzehnte haben wir auf diese Weise unter Nutzung der Städtebauförderung des Landes den kurörtlichen Stadtteil Bad Salzelmen entwickelt - und der inzwischen anerkannte Kurort mit dem Wohn- und Lebensumfeld eines Heilbades kann sich heute sehen lassen. Wir waren seinerzeit gehalten, diese Priorität der Stadtentwicklung in Salzelmen zu setzen. Immerhin ein dreistelliger Millionenbetrag ist hier investiert worden - sei es aus der öffentlichen Hand oder von privaten Investitionen. Wegen dieser zunächst notwendigen Konzentration auf den Kurort als Marke, als Visitenkarte unserer Stadt - hat sich in der Altstadt jedoch ein zurecht kritisierter Entwicklungsstau ergeben. Zwar haben wir auch dort positive Akzente setzen können, etwa mit der Gestaltung des Elbuferpanoramas. Es entstanden aber Defizite, die für jeden sichtbar sind. Dieser Nachholbedarf kulminiert im Marktbereich und in seinem Umfeld. Genau deshalb war auch das Schönebecker Thema "Mut zur Lücke" eben hier im direkten Umfeld des Marktbereiches platziert worden. Die Entwürfe, besonders jene der Preisträger, waren beachtlich und entfalteten eine große Öffentlichkeitswirkung.
Die eigentliche Umsetzung der städtebaulichen Rahmenplanung zur Sanierung der Altstadt hat indessen längst begonnen und wird dabei aus verschiedensten Perspektiven und mit unterschiedlichen Initiativen begleitet und bereichert. Ich will ein paar Beispiele nennen:
* Wenn ich den Prozess der Internationalen Bauausstellung IBA "Stadtumbau Ost" und ihre Impulse aus dem vergangenen Jahr betrachte,
* wenn ich mir den gerade in dieser Woche abgeschlossenen Realisierungswettbewerb zur Umgestaltung des Marktbereiches vor Augen halte,
* wenn ich den respektablen Neubau für unser ehemaliges Kaufhaus am Markt durch die Städtische Wohnungsbau GmbH Schönebeck ins Blickfeld rücke,
* wenn ich die deutliche Verbesserung unserer Verkehrsinfrastruktur mit der Ortsumgehung nebst Elbebrücke und mit der neuen Anbindungsstraße der Gewerbegebiete konstatiere, die zugleich einen Südring der Altstadt mit sich bringt,
* und wenn ich fünftens auch diesen Wettbewerb des "Mutes zum Schließen von baulichen Lücken" mit seinen verschiedensten Entwürfen sehe, dann wird eines deutlich:
Neben vielen Partnern wie dem Bauhaus, der SALEG, der Kammer, den einheimischen Unternehmen und Bürgerinitiativen stand und steht vor allem die Landesregierung Sachsen-Anhalts an unserer Seite. Sicher hat der Wettbewerb "Mut zur Lücke" einige bemerkenswerte Ansätze zur angestrebten "Kultur des Bauens" geliefert. Dies verdient Anerkennung. Ich kann Ihnen aber auch berichten, dass sich neben den Architekten, Planern und Baudezernaten auch die Schönebecker Bürgerinnen und Bürger mit ihren Vorstellungen mehr und mehr in die Stadtentwicklung einbringen. Auch das verdient Anerkennung. Sowohl für den Professionellen als auch für denjenigen, der nicht unmittelbar vom Fach ist, gilt: Am Anfang ist immer die Idee. Ich wünsche Ihnen allen auch in Zukunft die notwendige Muße und Muse für dieses schöpferische Moment.