Lebenslustige Ursula Stammer ist 100 Jahre alt

Praktikum einen Jungen zum Zahnarzt begleitete – der junge Mediziner hatte ihr sofort imponiert. Da freute sie sich natürlich über eine bald folgende Einladung ins Kino. Damals wusste sie noch nicht, dass er aus einer Adelsfamilie abstammte, aus der Linie der Falkensteiner Burg. Während ihr auch musisch begabter Mann später im Kriege in Norwegen stationiert war und in amerikanische Gefangenschaft geriet, musste sie derweil einen russischen Offizier in ihrem Hause beherbergen. Später hat die heute noch so rüstige Seniorin im Souterrain ihres Hause, wo sich die Praxis des Zahnarztes befand, mitgeholfen. Und wenn sie dort nicht war, kümmerte sie sich um ihre zwei Kinder. Im Hause Stammer wurden damals noch echte „Abendgesellschaften“, ein kultivierter Brauch aus bürgerlicher Zeit. Da spielte Herbert dann auf dem Konzertflügel und war auch sonst ein guter Gesellschafter. Daneben sind Ursula die Reisen mit ihm in bester Erinnerung geblieben, so zum Beispiel nach Kuba mit der „Völkerfreundschaft“, und es war sogar die Jungfernfahrt. Mitgenommen hatte sie ein Modell eines ZT 300 – eines Schönebecker Traktors als Gastgeschenk. Vor 30 Jahren ist sie während der friedlichen Revolution mit auf die Straße gegangen, nicht zuletzt, damit Deutschland seine Trennung überwindet. So bleiben die 9-er Jahre für sie immer von großer Bedeutung: 1989 der Mauerfall – und 1919 ihre Geburt.