Neugestaltung des Marktplatz Schönebeck zum Shared Space

ShareSpaced_Kopie"Begegnungszone" entstehen auch in der Schweiz und Österreich immer mehr gut gestaltete Straßenräume. Im Unterschied zu anderen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen setzt das Konzept nicht auf restriktive Regeln, sondern auf freiwillige Verhaltensänderung aufgrund gegenseitiger Rücksichtnahme. Individuelle, ortstypische Verkehrsraumgestaltungen bringen Fuß-, Rad- und Autoverkehr sowie andere räumliche Funktionen miteinander ins Gleichgewicht. Lebens- und Aufenthaltsqualität werden verbessert. Dabei ist Shared Space nichts Neues: Mischverkehr war bis vor wenigen Jahrzehnten die übliche Praxis auf den meisten Straßen. So haben Altstadtgassen und zentrale Plätze bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, d.h. bis schneller Autoverkehr eine Massenerscheinung wurde, nach diesem Prinzip funktioniert. Die zahlreichen neuartigen Straßenraumgestaltungen nach dem Shared-Space-Ansatz setzen auf das rücksichtsvolle Miteinander im Straßenverkehr.

Anspruchsvolle Gestaltung lädt zum langsamen Fahren ein. Dabei kann viel Verkehrsfläche für Aufenthalt und andere Nutzungen gewonnen werden. Radverkehr hat optimale Bewegungsfreiheit. Voraussetzung dafür ist ein restriktiver Umgang mit dem Pkw-Parken, um den Blickkontakt zwischen den Verkehrsteilnehmern zu gewährleisten. Wichtig ist auch die bauliche Gestaltung des Platzes an den Einfahrtsbereichen; die Verkehrsteilnehmer müssen erkennen, dass ein besonderer Bereich befahren wird. Für den Marktplatz Schönebeck bedeutet die Umgestaltung des Marktplatzes nach dem Prinzip Shared Space eine Chance, ihn als Fläche ganzheitlich zu nutzen und doch verkehrlich erreichbar zu gestalten. In der Auslobung für den Realisierungswettbewerb "Neugestaltung Marktplatz", Mai 2011 hieß es: "Das heutige Erscheinungsbild des Platzbereiches ist in erster Linie geprägt durch die verkehrlichen Nutzungen und durch eine deutliche Zweiteilung gekennzeichnet. Der Marktplatz ist Teil der zentralen Achse, die die südlichen Stadtteile über die historische Altstadt mit der Elbe verbindet.

Die Umgestaltungsmaßnahmen des Platzbereiches sind Teil einer Strategie und eines Maßnahmenkatalogs, um langfristig die städtebauliche Entwicklung und Sanierung der historischen Altstadt zu sichern." Im "Quartierkonzept Altstadt Schönebeck" wird darauf verwiesen, dass in der Altstadt ein erhöhter Leerstand zu verzeichnen und unbedingt eine Attraktivitätssteigerung erforderlich ist. Als Negativpunkte werden dort u.a. "mangelhafte Aufenthaltsqualität (Straßen- und Platzraumgestaltung)", "geringes Angebot an Außengastronomie, Sitzbänken, Spielmöglichkeiten" sowie die "Verkehrsbelastung innerhalb von Teilen der Altstadt" genannt. Die genannten Punkte waren Anlass genug, die Planungen, den Marktplatz als zentralen Punkt in der Altstadt umzugestalten, voranzutreiben. Mit der Neugestaltung kann für den Marktplatz und somit auch für die gesamte Altstadt ein deutlich gesteigertes Angebot zum Verweilen, Raum für Außengastronomie sowie die Wahrnehmung des Marktes als Platzfläche geschaffen werden.

Jedoch müssen auf dem Shared Space auch Regeln beachtet werden. Die erste Grundregel beruht auf § 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO), nämlich der ständigen Vorsicht und gegenseitigen Rücksichtnahme.

ShareSpacedBeschild_KopieBeschildert ist der Shared Space mit dem Straßenverkehrszeichen "Verkehrsberuhigter Bereich".  Nach StVO ist der "Verkehrsberuhigte Bereich" eine öffentliche Verkehrsfläche, auf der der Fußgängerverkehr bevorrechtigt ist. Sie dient als Aufenthalts- und Bewegungsraum für alle Verkehrsarten und -teilnehmer, soweit sie dort zugelassen sind. Das gilt für den gesamten Platzbereich. Das "Share Space"- Zeichen gibt es in Deutschland nicht offiziell in der Straßenverkehrsordnung. Für Autofahrer bedeutet dies eine deutlich verminderte Geschwindigkeit von circa 6 km/h (Schrittgeschwindigkeit), um das Treiben auf dem Platz überblicken zu können. Fußgänger und Radfahrer sollten sich eindeutig bewegen und ebenfalls aufmerksam auf alle Verkehrsteilnehmer achten. Um für alle Verkehrsteilnehmer eine freie Sicht zu gewährleisten, ist das Parken auf dem Marktplatz nur in sehr geringem Umfang, nur in gekennzeichneten Flächen erlaubt.

Für alle gilt: "Ohne Blickkontakt mit anderen Verkehrsteilnehmern kann das Miteinander nicht funktionieren. Deshalb sollte stets der Blickkontakt gesucht werden, um die Kommunikation ermöglichen - zu anderen Autofahrern, Radfahrern, Fußgängern und vor allem zu Kindern", rät der ADAC. Die barrierefreie Gestaltung des Marktplatzes ohne Borde und Kanten ist eine Erleichterung für Menschen die einen Rollstuhl oder eine Gehhilfe nutzen oder einen Kinderwagen schieben. Für blinde und sehbehinderte Personen hilft die Nutzung des Blindenleitstreifens bei der Nutzung des Platzes. Autofahrer sollten sich darauf einstellen und besonders auf Menschen mit Behinderungen, Ältere und Kinder achten. Den Marktplatzbereich dürfen nur Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen befahren (Betriebs- und Versorgungsdienst sowie Lieferverkehr ist frei).